Am 31.Mai 2003 fand mal wieder eine Sonnenfinsternis statt.
Diese sollte in ganz Nordschottland und auf Island ringförmig
sichtbar sein.
Da ich noch nie auf den äußeren Hebriden war, und die
Chance auf die ringförmige Phase dort ebenfalls bestand,
fiel meine Entscheidung auf die "Isle of Lewis".
Da das schottische Wetter ja auch eher für Wolken und Regen
bekannt ist, hatte ich so, falls die Sonnenfinsternis wie bereits
1999 nur als "WoFi", also als Wolkenfinsternis auftreten
sollte, wenigstens die prähistorischen Astronomie-Highlights
von Lewis zur Entschädigung. Die Steinkreise von Calanish
sind aber eine andere Geschichte.
Da Lewis durch Hobby-Astronomen durchaus gut besucht sein könnte,
wurden Fährverbindung und B&B per Internet vorgebucht.
Hierbei fiel auf, das die Insel an Sonntagen nicht von Fähren
angelaufen wird! Also Anreise am Freitag, dem 30. Mai, Abreise
Montag den 2. Juni um nach der Sonnenfinsternis am Samstag noch
etwas Zeit zu haben.
Das B&B war nördlich der Hauptstadt von Lewis, Stornoway,
an der Ostküste der Insel gelegen.
Wir kamen am Freitag Nachmittag im B&B an, der Himmel war
nur mäßig bedeckt.
Es galt nun herauszufinden, wo man einen optimalen Blick haben
könnte. Da die Sonne bereits bedeckt aufgehen würde,
war eine freie Horizontsicht in Richtung des Geschehens unabdingbar
nötig.
Zuerst zu klären war, wie die Himmelsrichtungen sind. Hierzu
verwendete ich das auf meinem Laptop installierte Astronomieprogramm
"The Sky", was nach Einstellung auf die geografischen
Koordinaten und die Ortzeit den aktuellen Himmel wiedergab. Danach
stand die Sonne aktuell im Westen. Somit war Norden 90° im
Uhrzeigersinn von der Sonnenposition zu finden.
Nun die Frage, in welche Richtung muß man sehen und möglichst
keine Hindernisse vor dem Horizont haben. Also die Uhr im Astronomieprogramm
"planetariumsmäßig" im Schnellgang vorgestellt.
Daraufhin kam die erste Panikattacke. Nach dem Programm fand die
Sonnenfinsternis exakt im Nordosten statt. Aber leider nur bis
2° unterhalb des Horizontes ringförmig... Das passte
merkwürdigerweise nicht zu allem, was im Kosmos Himmelsjahr
stand und auch sonst in den Medien verbreitet wurde. Also eine
Kontrolle mit dem ebenfalls vorhandenem Astronomieprogramm "Starry
Night", die unterstützte aber nur die Panikattacke.
Und dann die zweite Hiobsbotschaft: Der Wetterbericht meldete
für Lewis dichte Bewölkung, tagsüber nur minimal
aufgelockert. Für die schottische Ostküste jedoch strahlenden
Sonnenschein, sozusagen das Wetter, das am Freitag tagsüber
auf Lewis vorherschend war.
Ich tröstete mich schon damit, wenigstens bei einem Bekannten
Bilder von der Sonnenfinsternis sehen zu können. Er hatte
mich per Handy darüber informiert, das er nun wegen des Wetterberichtes
doch nicht mehr nach Lewis wollte.
Nun ja, das B&B war gebucht, die letzte Fähre abgefahren.
Nun galt es also einen Beobachtungsplatz mit halbwegs guten Bedingungen,
d.h. ohne Hindernisse am Horizont und hochgelegen, möglichst
in der Nähe des B&B zu finden.
Nach einer kleinen Exkursion in die Umgebung fand sich ein Platz
in North Tolsta auf einem Hügelchen, ca. 50 m über dem
Meeresspiegel mit einem freien Blick nach Nordosten. Der örtliche
Radiosender beschrieb die Bucht von North Tolsta ebenfalls als
optimal, um die Finsternis zu beobachten.
Also lieber noch etwas früher aus dem Bett, um den Platz
sicher zu haben. Das hiess in diesem Falle dann am Samstag 3:00
Uhr aufstehen. Der erste Blick aus dem Fenster war deprimierend,
Wolken, Wolken, nichts als Wolken.
Aber da man wach und vor Ort war, in die Klamotten und los. Derweilen
fuhren schon diverse Autos am B&B vorbei in Richtung North
Tolsta.
Aber als wir am Hügelchen um 3:45 Uhr ankamen war dieses
noch frei. Nach dem Aufbau des Equipments war es 4:10 Uhr. Die
Verkehrsdichte auf der zum Strand führenden Strasse war derweilen
so hoch, wie im Hochsommer bei bestem Badewetter.
Nichts desto trotz waren die Aussichten im wahrsten Sinne des
Wortes düster. Wolken über Wolken.
Sonnenaufgang 4:33 Uhr, keine Sonne...
Das ETX 90, die Kamera mit 200'er Tele und die Videokamera waren
bereit, aber der Hauptdarsteller versteckte sich nach wie vor
hinter dem Vorhang...
4:40 Uhr, Mechthild, die durch die Videokamera sieht ruft: "Da,
DA ist Sie!", nur mit dem bloßen Auge war nichts zu
sehen. Und für den Fotoapparat bestückt mit Fuji-Chrome
Nexia, 50 ASA (siehe erstes Bild), auch
nicht!
Die Restlichtverstärkung und hohe Infrarotempfindlichkeit
sind hier echte Trümpfe der Sony-Digitalkamera.
Doch etwas später so gegen 4:45 trifft die Sonne auf die
erste (einzige) Lücke in den dicken Wolken und bleibt für
fast die gesamte Dauer der Finsternis in dieser sichtbar!
Der Hochnebel filterte jedoch (glücklicherweise) die Sonne
so stark, dass fast die gesamte Zeit ohne jeglichen Sonnenfilter
beobachtet bzw. fotografiert werden konnte.
Und das Gefühl, ein solches Ereignis "live" gesehen
zu haben kann ohnehin schwerlich in Worte gefasst werden.
Die Astronomiepogramme hatten also zum Glück nicht recht.
Wie ich jetzt weiss aber nur deshalb, weil der Horizont vor Ort
wirklich nur durch den Meeresspiegel begrenzt wurde. Die entsprechende
Einstellung lässt sich natürlich auch in den beiden
Programmen vornehmen (Die Horizontline war gut 2° höher
eingestellt). Es ist immer wieder verblüffend, wie am PC
alles richtig funktioniert, wenn man es nur richtig macht...
Der Wetterbericht hatte zwar Recht, was den Sonnenschein tagsüber
anging. Aber trotzdem bleibt diese kleine Unwägbarkeit, die
astronomische Exkursionen immer zu einem Glücksspiel macht.
Und so gesehen war die Fahrt nach Schottland - der Sonne wegen,
mindestens der Fünfer mit Zusatzzahl!
Und da sind sie, die besten von 100 Bildern: